Exotischer Vogelgesang Festival

[Crealide]

Guten Abend liebe Fachkundige.
Die Suche brachte keinen Erfolg, daher hoffe ich hier richtig zu sein.

Ich bin in der technischen Planung für ein Festival (4 Tage) und habe eine Anfrage des Kunden
für das Abspielen von exotischen Vogelgesängen in einem Gartenbereich.
Da wir uns der Verantwortung für die Natur bewusst sind, stellen sich nun
folgende Fragen:

Hat das Abspielen von Vogelgesängen generell einen Einfluss auf hier lebende Arten?

Kann man exotische Vogelstimmen abspielen, da diese für heimische Vögel fremd sein müssten?

Vielen Dank!!!
Florian

[MatthiasM]

Hallo Florian,

zunächst einmal herzlich willkommen im Forum.

Zur Beantwortung Deiner Frage lehne ich mich jetzt sicher etwas weit aus dem Fenster, da ich auf diesem Gebiet kein Experte bin. Also bitte ich, meine Anmerkungen mit Vorsicht zu genießen.

Ich persönlich halte es grundsätzlich nicht für ratsam, irgendwelche Vogelstimmen aus einer Konserve über Lautsprecher in die Natur zu streuen. Besonders nicht in der Brut- oder Aufzuchtzeit. Das Problem dabei könnte sein, dass einheimische Vögel Rufe anderer Vögel als Bedrohung interpretieren und eine Brut zB abbrechen. Wie das bei Stimmen exotischer Vögel aussieht, entzieht sich komplett meiner Kenntnis. Die Frage ist nun aber auch: Was ist mit "exotische Vögel" gemeint?

Ich glaube, dass hier noch andere Meinungen / Ansichten kommen werden.

Viele Grüße
Matthias

[martinmiethke]

Hallo Florian,

ich weiß nicht, ob es zu diesem speziellen Thema – also ob, und wenn ja wie, einheimische Vögel auf Stimmen „exotischer“ Arten reagieren – schon Untersuchungen gibt.
Was ich aber weiß: Der ostasiatische Sonnenvogel (Leiothrix lutea) singt ganz ähnlich wie unsere Mönchsgrasmücke. In meiner Kindheit hatten wir noch diverse Käfigvögel, darunter auch eine solche „Chinesische Nachtigall“. Ich kann mich noch gut erinnern, dass im Sommer bei offener Tür immer wieder eine Mönchsgrasmücke im Garten prompt auf den Gesang des Vogels im Käfig reagierte.

Herzliche Grüße – Martin

[wasicnx]

Hallo Florian,

Willkommen im Forum!

Ich möchte mich insofern Martin anschliessen, als dass ich als Jugendlicher (15 oder 16 Jahre alt) ebenfalls ein Pärchen Sonnenvögel (Leiothrix lutea) in Käfighaltung hatte.

Meine Eltern und ich wohnten damals in der Schweiz auf dem Lande mit Wäldern und Feldern in der Umgebung. Unser Garten war naturnah und vogelfreundlich gestaltet (war meine Anregung damals), und wir hatten entsprechend viele Vögel rund ums Haus.

Im Sommer bei schönem Wetter stellten wir den Käfig mit den Vögeln jeweils auf die Abdachung unseres Hauskamins im Garten (natürlich wenn er nicht in Betrieb war ), und das Sonnenvogelmännchen begann bald zu singen (wahrscheinlich angeregt durch die weiter entfernten Vögel).

Der Gesang des Männchens war meiner Meinung nach eine Mischung aus 70 % Amsel und 30 % Mönchsgrasmücke. Letztere hatten wir gelegentlich im Garten, die reagierten aber nicht auf die Sonnenvögel. Kohl- und Blaumeisen machten manchmal kurze Scheinangriffe auf den Käfig, aber krass reagierten die Amselmännchen:

Einige Minuten, nachdem das Sonnenvogelmännchen mit Singen begonnen hatte, attackierten die Amseln aus der Umgebung unter heftigem Geschimpfe und Gezeter den Vogelkäfig. Einige verfingen sich fast in den Gitterstäben, so eifrig waren sie bei der Sache. Dies konnte längere Zeit so weitergehen, aber meine Eltern und ich holten den Käfig mit den Vögeln drin ziemlich bald wieder ins Haus, da wir unter den Gartenvögeln keinen unnötigen Stress auslösen wollten.

Es gibt also durchaus einheimische Singvögel, die auf exotischen Vogelgesang reagieren. Ich denke, dieser muss jedoch eine gewisse Ähnlichkeit mit anderen heimischen Vögeln besitzen, sonst fehlt vermutlich der Auslöser?

Gruss, wasi-cnx

[Crealide]

Hallo und vielen Dank für eure Antworten.

Das sind schon nützliche Infos.

Laut Anfrage, soll es um tropische Urwald Geräusche gehen, welche Vogelstimmen selbstverständlich einschließt.
Es ist ja wichtig abzuklären, ob es mit der heimischen Fauna verträglich ist.

[martinmiethke]

Der Gesang des Männchens war meiner Meinung nach eine Mischung aus 70 % Amsel und 30 % Mönchsgrasmücke. Letztere hatten wir gelegentlich im Garten, die reagierten aber nicht auf die Sonnenvögel.

Das ist ja interessant. Amseln hatten wir natürlich auch im Garten – die haben aber nie reagiert.
Anscheinend gibt es beim Sonnenvogel verschiedene Gesangstypen.

[wasicnx]

Martin,

Ich glaube auch, dass es beim Sonnenvogel verschiedene Gesangstypen gibt. Wenn meine Vögel draussen waren, fiel mir auf, dass das Männchen seinen Gesang den heimischen Amseln anpasste.

Wenn es in meinem Zimmer war und das Fenster geschlossen war, dann sang es anders als wenn es draussen war, der Unterschied war klar hörbar (einmal kam während einer "Zimmer-Gesangsdarbietung" meine Mutter ins Zimmer und stellte fest, "Der singt jetzt aber anders als wenn er draussen in der Sonne ist ). Der Gesang im Haus war schneller und etwas weniger flötend als der Gesang draussen. Die Ähnlichkeit mit dem Amselgesang war zwar manchmal nicht leicht zu erkennen, aber dass sich der Gesang veränderte, sobald die Vögel draussen waren, schon. Er wurde langsamer und flötender.

Je mehr Zeit verging desto mehr ähnelte der Sonnenvogelgesang demjenigen der Amseln (vielleicht learning by doing bzw. imitieren?). Mönchsgrasmücke war nur wenig drin, vermutlich auch, weil die Grasmücken nicht auf die Sonnenvögel reagierten und nicht entsprechend zurück sangen.

Ich hatte auch den Eindruck, dass die Amseln nervöser wurden, je mehr das Männchen ähnlich wie sie sang.

Gruss, wasi-cnx

[milvus69]

Moin Florian,

erst einmal finde ich es super, das ihr euch bei der Organisation des Festivals wirklich dazu Gedanken macht!

Für mich wäre es noch Interessant, zu welcher Jahreszeit ihr das Festival durchführen möchtet, in was für einer Landschaft des stattfinden würde (Großstadt, Randbereich oder "ganz draußen") und ob sich der Gartenbereich zentraler auf dem Festivalgelände oder eher am Rand befindet. Ich gehe ja einmal davon aus das der Garten als "Chillout-Areal" gedacht ist und sich eher am Rand des Geländes befindet. Dort ist dann natürlich mit einer höheren Vogeldichte zu rechnen als im Zentrum des Geschehens wo durch den Besucherandrang wohl nur noch ein Vogel anzutreffen sein sollte.
Sollte das Festival im Sommer oder noch besser im Spätsommer stattfinden habe ich da eher weniger Bedenken da die Tiere außerhalb der Brutsaison eher Gesangsfaul sind und vermutlich auch nicht mehr so empfindlich auf den Gesang vermeintlicher Konkurrenten reagieren. Während der Brutzeit, wo die Revieren besetzt sind und verteidigt werden müssen ist das natürlich gänzlich anders. Also: je später im Jahr desto besser für die gefiederten Freunde...

Beste Grüße
Holger

[Maffong]

Moin,
ich denke das hängt sehr stark davon ab für was für Gesänge ihr euch entscheidet und auch vom Standort und vom Datum. Die meisten Vögel verteidigen ja generell nur den Bereich rund um ihr eigenes Revier gegenüber anderen Artgenossen. Auf einem Festivalgelände rechne ich jedoch nicht mit vielen Brutvogelrevieren insbesondere spät im Jahr. Eventuell werden noch Junge gefüttert, aber zu dem Zeitpunkt sind die Männchen nicht mehr ganz so aggressiv wie im Frühjahr, es geht ja nun nicht mehr darum erfolgreich die eigenen Gene weiterzugeben (ist ja schon passiert -> gibt ja schon Jungvögel). Im Gartenbereich werdet ihr vor allem mit Amsel, Zaunkönig, Mönchsgrasmücke, Meisen und Finken rechnen müssen, Gesänge die diesen ähneln solltet ihr vermeiden. WIrklich tropisch klingen die für mich aber nicht. Auf tropische Gesänge werden die Vögel eher kaum reagieren (Ausnahmen wie beim Sonnenvogel, den ich auch am ehesten mit Amseln in Verbindung bringe, gibt es natürlich). Witzigerweise würde ich sogar eher fast mit dem Gegenteil rechnen. Häufig hat die Anwesenheit von Vögeln eine Art Lockwirkung auf andere Vögel, welche offenbar darauf vertrauen, dass diese Individuen das Gebiet vorher ausgekundschaftet und als lebenswert auserkoren haben. So etwas machen sich manche Naturschutzorganisationen zu Nutze, wenn sie versuchen lokal ausgestorbene und aussterbende Arten auf möglichst natürliche Weise wieder anzusiedeln (z.B. Papageitaucher und einige Singvögel in Nordamerika). Vögel trauen sich offenbar nur das zu machen, was sie von Argenossen abgeschaut haben. Das erklärt zum Beispiel auch, wieso unsere Wanderfalken heutzutage fast ausschließlich an Gebäuden und anderen künstlichen Strukturen brüten, obwohl sie ursprünglich mal zu einem nicht unerheblichen Teil Baumbrüter waren.

MfG Maffong